Inhalt und Form: Ein Dream Team

Ein Plädoyer für den Waffenstillstand zwischen Inhalt und Form

Die form-follows-function-Diskussion. Schön und mühselig. Denn sie suggeriert, es gäbe dort, auf der einen Seite, einen Inhalt, der nur drauf warten würde, in die eine, richtige Form gegossen zu werden und, auf der anderen Seite eine Form, deren einzige Existenzberechtigung es ist, diesem Inhalt gerecht zu werden. Das kann man so sehen. Und die Klage, dass Formen – sprich: Design – zu eigenständig seien und dem Inhalt oder der dazugehörenden Funktion nicht gerecht würden, ist sicher auch mancherorts angebracht.

Dass der Inhalt, die Funktion jedoch ohne die Form gar nicht transportierbar, nicht handlungsfähig wäre, das wird schnell vergessen.

Ein Gedankenexperiment:

Ein beliebiger Satz, ausgedrückt …

… durch Sprache:

  • Wie drückt er sich aus? Hebt er die Stimme? Singt er etwa?
  • Der Vortragende ist eine Form, ein Medium und je nach Medium wird der Satz anders wahrgenommen.
  • Rhetorik ist „Sprachdesign“
  • Poesie ist „Sprachdesign“

… durch Schrift:

  • Welche Typographie wird verwendet? Comic Sans? Helvetica? Fraktur?
  • Auf welchem Träger steht der Satz? Ein weißes Blatt Papier? In einem Buch? An einer Hauswand?

… und:

  • Könnte man den Satz auch malen? tanzen? auf dem Klavier spielen?
  • ihn durch jemand im Radio singen lassen?

… den Rezeptionskontext:

  • jemand nimmt den Satz auf einer einsamen Insel nach einem Schiffsunglück wahr
  • während des Endspiels
  • beim Kochen

Dies alles nur um zu sagen: Der Inhalt ist wichtig, aber nur ein Teil von dem, was transportiert und rezipiert wird. Ohne Form wäre der Inhalt nichts und ohne Inhalt würde sich auch die Form nicht wahrnehmen lassen. Und wie schon Adolf Loos (Ornament und Verbrechen) festgestellt hat  (und bestimmt nicht so gemeint hat, wie ich es hier interpretiere): Jede Form hat einen kulturellen Kontext, der ihr selbst wieder Inhalt gibt. Und McLuhan lass ich jetzt mal weg.

Kurz gesagt: Inhalt und Form, ein Dream Team. Abhängig voneinander, nicht lebensfähig ohne den jeweils anderen.

Die großen Fragen der Menschheit:

  • Wieviel Form steckt in allem Wahrgenommenen?
  • Interpretieren wir die Erscheinungsformen der Welt über deren Inhalt oder über deren Form? Zu welchem Anteil?
  • Ist Form böse, weil sie oft nicht mit dem „bewußten“ Gehirnteil wahrgenommen wird und deshalb zur Manipulation geeignet ist?
  • Wie neutral können Inhalte sein?
  • Ist Objektivität nur eine Utopie?

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